Konsum

Wie nachhaltig ist MDMA?

By 28 Dezember 2020 Februar 28th, 2021 No Comments

Wie nachhaltig ist MDMA? In diesem Beitrag beleuchten wir die Ökobilanz der synthetischen Droge – und die Frage, ob eine Legalisierung in den Niederlanden die Probleme eindämmen könnte.

[Wie immer würden wir an dieser Stelle gern darauf hinweisen, dass es hier nicht darum geht, irgendjemandem in seinem Verhalten zu verurteilen. Unser Anliegen mit dieser Post-Reihe ist es lediglich, ein größeres Bewusstsein für die ökologischen Auswirkungen von Drogen – und damit die Auswirkungen außerhalb des individuellen Konsums – zu schaffen.]

Die Wirkung von MDMA wird in vielen Foren als euphorisierend und empathiefördernd beschrieben. „ich hatte alle lieb und voll die rosa brille auf“, sagt „gwawr_12903389“ im Forum von gofeminine. „Man kann schon fast sagen das sich das Glücksgefühl auf Kristallen natürlich anfühlt man merkt gar nicht das man was genommen hat“, sagt Shabu im Forum „Land der Träumer“ zu „KindderNacht“. „Ich mag dieses Gefühl der Verbundenheit zu meinen Kumpels“, sagt „spiteful“ im selben Forum.

Doch wahrscheinlich wird die Liebe, die man in diesem Moment an die Erde aussenden möchte, von ihr nicht erwidert. Denn die Produktion und damit natürlich auch der Konsum von MDMA hat schwerwiegende Folgen für die Umwelt. (Der Konsum von MDMA birgt auch erhebliche Risiken und Gefahren auf mentaler und körperlicher Ebene. Mehr dazu kannst du zum Beispiel auf der Seite Fachverband Sucht e.V. nachlesen.) 

Eine sehr gute Vice Recherche zeigt auf, wo die einzelnen Bestandteile des Stoffs herkommen, wo und unter welchen Bedingungen er schließlich hergestellt wird – und wie die Abfallstoffe entsorgt werden. 

Transport

Viele glauben, dass MDMA (und damit auch Ecstasy, Molly und Co.) aus den Niederlanden kommt. Doch das ist nur halb-richtig: Zwar findet die Herstellung von MDMA laut dem Europäischen Drogenbericht 2019 noch immer hauptsächlich in den Niederlanden und in Belgien statt. Doch die Chemikalien, die für den Herstellungsprozess notwendig sind, kommen aus aller Welt, oftmals Südostasien, bevor sie dann in vielen Fällen mit dem Schiff von China nach Antwerpen transportiert werden. Der Transportweg und der damit verbundene CO2 Ausstoß sind damit alles andere als gering.

Herstellung

Es gibt unterschiedliche Arten, die synthetische Droge im Labor herzustellen. In einem der beiden möglichen Verfahren benötigt man hierzu sogenanntes Safrol. Bei Safrol handelt es sich um ein Öl, das aus den Wurzeln des Cinnamomum-Baums gewonnen wird, der in den westlichen Kardamon-Bergen in Kambodscha wächst. Um das Öl zu gewinnen, werden die Bäume gefällt und die Wurzeln abgetrennt. Im Anschluss werden die Wurzeln vor Ort destilliert – befeuert mit Holz, das ebenfalls aus dem Wald stammt. Laut Vice benötigt man für ein 680-Liter-Fass Safran Öl vier der Cinnamomum-Bäume, sowie sechs weitere für das Feuerholz. In der Region sind mehr als 50 bedrohte Tierarten wie der asiatische Elefant, der indochinesische Tiger und der Malaienbär, heimisch.

Dass mittlerweile, auch aufgrund von großen Beschlagnahmungen des Öls, in den Niederlanden vor allem ein zweites Verfahren zur Herstellung verwendet wird, ist für die Umwelt nur auf den ersten Blick besser. Denn für die neue Methode sind weitere Herstellungsschritte notwendig, womit mehr Energie aufgewendet wird, mehr Rohmaterialien verbraucht und mehr Chemieabfälle produziert werden. 

Entsorgt werden diese Abfälle in den Niederlanden natürlich nicht fachgerecht. Die Drogenproduzierenden kippen sie in Wälder, Wiesen und abgelegene Naturschutzgebiete oder zwingen Landwirte, die Abfälle in ihre Gülle zu mischen und dann auf ihrem Feld zu verteilen. Die Folgen: Tausende Liter Salz- und Schwefelsäure sowie Aceton verseuchen den Boden, töten die Vegetation und schaden Tieren, die damit in Kontakt kommen.

Könnte eine Legalisierung die Situation verbessern? 

Wenn man nur den Umweltaspekt betrachtet, würde eine Legalisierung der synthetischen Drogen wahrscheinlich dabei helfen, die Schäden für die Umwelt einzudämmen. Firmen könnten dann bezahlt werden, um die Abfälle ordnungsgemäß zu entsorgen. Ein Teil der Chemikalien ließe sich reinigen und wiederverwenden – der Rest so verbrennen, dass nur Stickstoff, Kohlendioxid und Wasser zurückbleiben.

Auch für den kambodschanischen Regenwald könnte eine Legalisierung in den Niederlanden eine gute Nachricht sein. Denn der Rohstoff Safrol ließe sich auch in anderen Biomassen finden. Aufgrund strenger Drogengesetze wird Kriminellen der Zugang hierzu jedoch verwehrt.

Doch das ist nur die eine Seite der Debatte. Andere Wissenschaftler wie Pieter Tops, Sozialwissenschaftler an der Universität Tilburg und Dozent an der Polizeiakademie der Niederlande, kritisieren, dass erst die Toleranz der Niederlande gegenüber “weichen Drogen” wie Marihuana zu dieser Situation geführt habe. 

Gegenüber der DW Akademie sagte er: „Die Realität ist, dass wir den Menschen erlauben, legal Drogen in den sogenannten ‚Coffeeshops‘ zu kaufen, andererseits es den Besitzern dieser Läden untersagen, diese weiche Drogen einzukaufen“. Der beschriebene legale Widerspruch habe zur Folge, dass in den „Coffeeshops“ Cannabis verkauft werde, der aus einer in den Niederlanden seit Jahrzehnten tolerierten illegalen Produktion und illegalem Handel stammt. Dies habe zur Entstehung von Banden Organisierter Kriminalität geführt, die in den Niederlanden nicht nur paradiesische Zustände für die Produktion von Cannabis, sondern auch für andere harte Drogen gefunden habe.

Jetzt bist du dran…

Glaubst du, eine Legalisierung in den Niederlanden könnte vor einem ökologischen Hintergrund sinnvoll sein, oder verstärkt sie nur ein bereits bestehendes Problem? Was hältst du von in den Niederlanden ebenfalls diskutierte Hybrid-Lösungen, die beispielsweise die Entsorgung legalisieren, aber nicht den Verkauf? 


QUELLEN:
Europäischer Drogenbericht. Trends und Entwicklungen 2019.
DW Akademie: Niederlande – Liberale Drogenpolitik mit Folgen
Vice: So stark schadet die Produktion von Drogen unserer Umwelt
Vice: MDMA-Produzenten kippen tonnenweise Giftmüll in Naturschutzgebiete

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