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Geht Urban Jungle auch nachhaltig?

Geht Urban Jungle auch nachhaltig? Illustration eines Hauses mit Zimmerpflanzen, die aus Fenstern und Tür wachsen.
Illustration eines Hauses mit Zimmerpflanzen, die aus Fenstern und Tür wachsen.

Viele Pflanzen stammen aus Regionen, in denen sie unter teilweise menschenunwürdigen Arbeitsbedingungen angebaut werden. Neben den niedrigen Löhnen sind die Arbeiter:innen Pestiziden ausgesetzt, die in der EU teilweise verboten sind – ausreichende Schutzkleidung gibt es meist nicht. Wir haben mit Corinna Hölzel darüber gesprochen, worauf man beim Kauf nachhaltiger Pflanzen achten kann. Sie ist Expertin vom BUND im Bereich Biodiversität und Pestizide.

Fair-Trade- und Bio-Siegel

„Es gibt die Möglichkeit beim Kauf darauf zu achten, dass man die allerschlimmsten sozialen Verbrechen ausschließt und das garantiert zum Beispiel das Fair-Trade-Siegel.“
Corinna Hölzel, Pestizid-Expertin vom BUND

Das Siegel garantiere einen Mindestlohn, Schutzkleidung und andere arbeitsrechtliche Absicherungen wie feste Pausenzeiten. Auch auf Bio-Siegel könne man achten, da diese zumindest den Einsatz von chemischen Pflanzenschutzmitteln oder Herbiziden ausschließen.

Bio-Pflanzen sind aber in Deutschland noch ein absolutes Nischenprodukt. Im Baumarkt lag der Anteil im Jahr 2020 laut BUND bei unter zwei Prozent.

Bitte kein Torf im nachhaltigen Urban Jungle

Was Biosiegel nicht garantieren: Dass keine torfhaltige Erde genutzt wird. Der Abbau von Torf in den Mooren zerstört Lebensräume und setzt gleichzeitig Treibhausgase frei, die den Klimawandel beschleunigen. Im privaten Bereich kann man aber sicherlich darauf achten, beim Umtopfen torffreie Erde zu nutzen. Viele Baumärkte oder Blumenläden bieten diese bereits an.

Bei Ersatzprodukten wie Rinden- und Kokosfasern oder auch den Hornspänen (geschrotetes Horn und Hufen von Schlachttieren) fällt allerdings oft ein weiter Transportweg ins Gewicht und sind auch nicht unbedingt immer als nachhaltig einzustufen.

Illustration eines Sacks torffreier Erde für ein nachhaltiges grünes Wohnzimmer.

Urban Jungle ohne Plastikmüll

Auch auf das Müllproblem der Plastiktöpfe hat die “Nachhaltigkeitsindustrie” eine Antwort. Oder besser viele: So gibt es für die Pflanzen bereits Töpfe aus Hanf, Kokos, Holzfasern, Naturkautschuk, Pappe, Ton, Keramik, Zink und und und…
Für die Anzucht müssen aber nicht immer neue Gefäße gekauft werden. (Und auch nicht direkt nach dem Umtopfen weggeschmissen werden. Hier eignen sich zum Beispiel Eierkartons, Joghurtbecher oder auch einfach Toilettenpapierrollen.)

Pflanzen adoptieren

Grüne Zimmerpflanze mit lächelndem Gesicht auf dem Topf.

Viele Zimmerpflanzen, die bei uns beliebt sind, gibt es nicht als regionales Produkt zu kaufen. Die Suche nach der Bio-Fairtrade-Monstera im Baumarkt kann sich da schnell als unlösbare Aufgabe herausstellen. Einer der nachhaltigsten Wege ist es daher, einfach gar nicht neu zu kaufen. Im Internet gibt es zahlreiche Pflanzenbörsen zum Tauschen von Ablegern und auch auf Kleinanzeigenportalen wird man schnell fündig.

Stichwort Ableger: Natürlich könnt ihr eure Pflanzen auch einfach selbst vermehren. Für jede Pflanzenart kann sich da das Vorgehen unterscheiden. Anleitungen gibt es zuhauf im Internet.

Was muss sich verändern?

Anders als bei Lebensmitteln werden Auswirkungen, die der Anbau von Stecklingen in den Herkunftsländern hat, kaum thematisiert. Wenn wir mittlerweile bei vielen Produkten auf eine nachhaltigere Alternative ausweichen können, liegt das bei Zimmerpflanzen immer noch in weiter Ferne. Ein erster Ansatz wäre ein Exportverbot von Pestiziden, die in Europa verboten sind, um Arbeiter:innen zu schützen.

Corinna Hölzel vom BUND sieht sowohl die Branche, als auch die Politik in der Pflicht, mehr Transparenz in die Lieferketten der Zimmerpflanzen zu bringen. Sie wünscht sich eine öffentliche Debatte und dass sich Verbraucher:innen aktiv beim Baumarkt nach nachhaltigen Alternativen erkundigen und somit mehr Nachfrage schaffen.

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