Konsum

Greenwashing bei Verpackungen

By 22 Dezember 2022 No Comments
Greenwashing bei Verpackungen - Recycelbar und Kompostierbar. Illustration von zwei Verpackungen die ins Bild gehalten werden.

Recycelbar, Kompostierbar und Co. – Zu einem grünen Produkt gehört eine grüne Verpackung. Doof nur, wenn die Label und Umweltversprechen zwar theoretisch richtig sind, aber an der Umsetzung scheitern. In diesem Beitrag erfährst du, warum du bei Begriffen wie recycelbar oder kompostierbar zweimal hinschauen solltest, um nicht auf Greenwashing bei Verpackungen reinzufallen.

Recycelbar und Kompostierbar - Greenwashing bei Verpackungen. Illustration von zwei Verpackungen die ins Bild gehalten werden.

Nachhaltigkeit ist bei der Konsumentscheidung neben Preis und Qualität eines der Hauptkriterien. Die Verpackung spielt bei der Wahl des vermeintlich nachhaltigen Produkts eine signifikante Rolle. Eine umweltschonende Verpackung war laut einer Studie von Statista im Jahr 2021 der wichtigste Aspekt von Nachhaltigkeit für deutsche Konsument*innen.

Hauptkriterien im Bereich Nachhaltigkeit bei Konsumentscheidungen: 56% umweltschonende Verpackung, 55% Tierwohl, 49% fair gehandelt und erzeugt.

Verpackung recycelbar: Theoretisch ja, praktisch nein.

Recycelbar ist einer dieser häufig genutzten Begriffe. Die Grundidee dahinter ist, dass Kunststoffe für Verpackungen in einem Kreislauf immer wieder neu verwertet und nutzbar gemacht werden können. Dass wir unseren eigenen Ansprüchen als “Recycling-Weltmeister” hinterherhinken, zeigt die neue Doku “Die Recyclinglüge” eindrücklich.

Dokumentarfilm Die Recyclinglüge. Ein Mädchen aus Indonesien vor einem Hintergrund voller Müll.

Nur mickrige sieben Prozent des Plastiks werden wiederverwertet, so ein Rechercheergebnis der Dokumentation. Ein Faktor dafür ist Verbundmaterial, also Verpackungen, die aus verschiedenen Schichten bestehen und deswegen nur schwer und mit hohem Aufwand voneinander zu trennen sind.

Nur weil einzelne Komponenten einer Verpackung theoretisch recycelbar sind, heißt das nicht, dass das in der Praxis auch so stattfindet. Viele recycelbare Produkte werden letztendlich in Zementfabriken verbrannt oder (teils illegal) in andere Länder exportiert.

Kompostierbare Verpackungen?

Viele sogenannte Bio-Plastik-Produkte werden mit dem Zusatz “kompostierbar” vermarktet. Aber Achtung: Kompostierbar heißt nicht, dass die Verpackungen auf dem Kompost oder in der Biotonne landen sollten. Die meisten Produkte werden nach der EU-Norm 13432 hergestellt. Diese Norm legt fest, dass Plastik kompostierbar heißen darf, wenn es in industriellen Großanlagen in maximal 6 Monaten zu 90% verrottet.

Kompostierbare Verpackungen - Greenwashing. Illustration eines Wurms der erschrocken eine Plastikflasche in der Erde anschaut.

Solche Anlagen gibt es in Europa aber praktisch nicht. Da dort nicht lückenlos aussortiert werden kann, finden sich selbst in Fertigkompost Mikroplastik-Rückstände, zeigt eine Untersuchung von Bayreuther Forschenden.

Greenwashing bei Verpackungen: Nachhaltige Schale, Plastikkern.

Eine weitere Taktik, um sich grüner zu vermarkten: Seine Verpackungen “nachhaltiger” aussehen zu lassen, als sie sind. Dass hier eine Diskrepanz zwischen der Bewertung der Konsument*innen und dem tatsächlich ökologischem Mehrwert besteht, zeigt eine Untersuchung der Verbraucherzentrale NRW.

Vor allem bei Verpackungen mit “Altpapierlook” vermuteten die Verbraucher*innen ein nachhaltiges Produkt aus Papier, das auch im Altpapier entsorgt werden könne. In der Realität handelte es sich um einen schwer zu recycelnden Verbundstoff, der innen mit einer Plastikfolie ausgestattet ist.

Umverpackungen sind oft Greenwashing. Illustration von zwei Packungen, eine ist in der Mitte geteilt, sodass man die innere Plastikbeschichtung sieht.

Ein weiteres Problem in diesem Bereich sind Umverpackungen, beispielsweise extra Papierhüllen, die nur kaschieren, dass das eigentliche Produkt in Plastik eingepackt ist.

Was muss sich verändern?

Im Jahr 2019 fielen 227,55 Kilo Verpackungsmüll pro Kopf in Deutschland an. 50 Kilogramm mehr als der europäische Mittelwert. Solange eine Verpackung für Unternehmen günstiger ist, als keine zu verwenden, wird es dabei bleiben. Solange recyceltes Plastik minderwertiger und teurer ist als Neuware, wird es ebenfalls so weiterlaufen. Und solange es keine verpflichtenden Regeln für Unternehmen gibt, ihre Verpackungen realistisch recycelbar zu gestalten, wird es auch dort bei Lippenbekenntnissen und Augenwischer-Labels bleiben.

Neben Recycling sollte ein Fokus darauf liegen, Müll erst gar nicht entstehen zu lassen. Abfallvermeidung ist der effektivste Weg, Plastikmüll zu verhindern. Auch Systeme der Wiederverwendung sind ein Mittel, Plastikproduktion zu verringern. Auf dem Papier kann Recycling diese beiden Ansätze unterstützen. Dafür braucht es aber nach über 30 Jahren “Grüner Punkt” eine Revolution, die Unternehmen in dieser stark wachsenden Branche in die Pflicht nehmen muss.

Fazit

Bis zum Jahr 2050 könnte die Menge des weltweiten Mülls um 70% zunehmen.* Bestrebungen nach alternativen Verpackungen verlagern das Problem, lösen es aber in Deutschland bislang nicht. Mit Labeln wie recycelbar und kompostierbar schieben die Unternehmen die Verantwortung an die Weiterverwertungsanlagen ab, die diesen Ansprüchen derzeit nicht nachkommen können.

*What a waste 2.0

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