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„Aber die Anderen“: “Bei der Umweltpolitik ist Deutschland ein Entwicklungsland.”

By 8 Dezember 2020 Februar 28th, 2021 No Comments

Wir haben die Reihe “Aber die anderen…” schon vor ein paar Wochen angekündigt und starten heute mit dem ersten Teil. Wir möchten in dieser Reihe die Klimapolitik verschiedener Länder unter die Lupe nehmen. Wir möchten den Blick erst einmal auf uns richten, bevor wir uns mit anderen Nationen beschäftigen. Können wir uns auf der aktuellen Klimapolitik ausruhen?

Die Zahlen beziehen sich vor allem auf die Zeit vor der aktuellen Extremsituation. Dass der CO2-Ausstoß derzeit geringer ist, ist uns bewusst. Im Moment ist noch nicht klar, wie sich die aktuelle Lage tatsächlich auf die Klimaziele auswirken lässt.

Warum sollen wir so viel für den Umweltschutz machen, wenn wir so einen geringen Teil der weltweiten Emissionen verursachen und die größten Umweltsünder andere sind?

Dieses Argument aus der Kategorie Bullshitbingo bekomme ich sehr oft bei öffentlichen oder privaten Diskussionen zu hören. Obwohl da eine gehörige Portion Whataboutism mitschwingt, möchte ich mich gerne damit beschäftigen. Die Aussage suggeriert nämlich gleichzeitig, dass in Deutschland ja alles Friede, Freude, Eierkuchen sei und alle anderen Länder erstmal auf unser Klimaschutzniveau kommen sollten, damit man weiterreden könne. Aber stimmt das alles überhaupt? 

In unser neuen Reihe “Aber die anderen…” möchten wir uns eigentlich mit anderen Nationen auseinandersetzen. Wie sieht der Klimaschutz dort aus? Wo liegen die Prioritäten? Was davon könnte sich Deutschland zum Vorbild nehmen – und was auf keinen Fall? Bevor wir aber andere Länder genauer unter die Lupe nehmen, wollen wir den Blick erstmal auf Deutschland richten. 

Deutschlands Treibhausgas-Emissionen

Um zu starten richten wir den Blick erstmal auf die CO2-Emissionen. Wir haben uns entschieden den Ausstoß pro-Kopf anzugeben. Wichtig ist dabei, dass man die Zahlen immer im Kontext zur Gesamtbevölkerung sieht. Deutschlands CO2-Ausstoß pro Kopf betrug im Jahr 2017 9,73 Tonnen. Der weltweite Durchschnitt liegt bei 4,8 Tonnen. Deutschland hat erstaunlicherweise einen viel höheren Ausstoß als viele europäische Nachbarländer. (Bis auf Estland und Tschechien)

Woran könnte das liegen? Laut Our World in Data vor allem am Energiesektor. Deutschland setze bei der Energiegewinnung vor allem auf die Verbrennung fossiler Brennstoffe (55%), die den größten Anteil am CO2 ausmachen. Im Vergleich: Frankreich kommt nur auf 5%, da dort vor allem auf Atom- aber auf erneuerbare Energie gesetzt wird.

Mit den Zahlen schrammt Deutschland an allen Klimazielen vorbei. Laut Umweltbundesamt müsste die jährliche Minderung bis 2030 verdreifacht und bis 2050 versiebenfacht werden, um die Ziele bis dahin einzuhalten.

Das Thema ist präsent wie nie. Laut der “Forschungsgruppe Wahlen” ist das Thema Umwelt/Klima/Energiewende derzeit das wichtigste und hat Anfang 2019 auch das Thema Ausländer/Flüchtlinge/Integration abgelöst. Fridays for Future und Greta Thunberg haben eine zeitlang die mediale Berichterstattung bestimmt und die Partei “Die Grünen” zur zweitstärksten Partei gemacht. 

Trotzdem scheint politisch eher wenig zu passieren. Zwar gebe es einige positive Veränderungen bei einzelnen Emissionen oder bei der Effizienz von Energie- und Ressourcenverbrauch, so heißt es in einem Bericht des UBA. Der Forschungsleiter Klaus Jacob kritisiert trotzdem die Trägheit der Regierung und fordert in einem Spiegel-Interview einen Wandel vor allem in Sektoren, denen bisher kaum Beachtung geschenkt werde, beispielsweise beim Verkehr oder der Landwirtschaft. Anders sei das zum Beispiel beim Thema Energie, hier sei Deutschland am nächsten dran, um dort einen Wandel zu vollziehen. In einem Bericht des Klimaschutz-Index wird Deutschland nur ein mäßiges Zeugnis ausgestellt: Hier wird vor allem kritisiert, dass Deutschland keine Strategie für die angestrebte Klimaneutralität 2050 vorweisen kann. Es gebe immer noch keine politische Richtung, um das Pariser Abkommen umzusetzen. 

Zurück zum Argument vom Anfang. Die anderen Länder sollen doch erstmal auf unser Level kommen, bevor wir was ändern. Das ist laut Klaus Jacob absoluter Quatsch:

“Ein echtes Problem bei uns ist die Stagnation der Umweltpolitik. Wir ruhen uns aus auf dem, was wir bis vor zehn Jahren erreicht haben. Seitdem gibt es keine neuen Initiativen. Andere Länder wie Frankreich, Großbritannien, Benelux haben das Ende des Verbrennungsmotors beschlossen, viele Länder einen schnellen Ausstieg aus der Kohle. Kenia etwa hat Plastiktüten verboten, wenn Sie da bei der Einreise eine Tüte im Gepäck haben, ist das eine Ordnungswidrigkeit. Deutschland ist da sehr zögerlich.”



QUELLEN:
Germanwatch: Klimaschutzindex
Umweltbundesamt: Europäische Energie- und Klimaziele

Forschungsgruppe.de: Politik II
Our world in data: Where in the world do people emit the most CO2?
(https://ourworldindata.org/per-capita-co2)
Veröffentlichung des 6. Globalen Umweltberichts (GEO-6) 2019: Analyse der Implikationen für Deutschland
Wiwo.de: „Andere Länder sind bei dem Thema weiter“

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