KlimaPolitik

Freiheit, Verbote und Verzicht. Ein Kommentar

Freiheit, Verbote, Verzicht - Ein Kommentar

Wenn man über Maßnahmen für mehr Klimaschutz diskutiert, kann man die Uhr danach stellen, bis die Worte Verbote oder Verzicht fallen. Geschickt verwendet, können damit alle Bemühungen nach Transformation vom Tisch gefegt werden. Eigentlich praktisch, wenn man auf der Seite steht, die am besten gar nichts verändern möchte. Umso ärgerlicher für alle, die erkannt haben, dass es so nicht weitergeht.

Verschiedene Straßenschilder, z.B. ein STOP-Schild. Symbolbild für das Stoppen von Verboten und Verzicht

Verzicht und Verbot sind dabei ganz klar negativ konnotiert. Aber warum eigentlich? Ein Verbot an sich muss ja erstmal nichts Schlechtes heißen. Ich bin beim Überqueren der Straße ziemlich froh, dass es verboten ist, rote Ampeln zu ignorieren. Und nach jedem Abend in einer rauchfreien Kneipe freue ich mich, dass ich den Pulli auch am nächsten Tag nochmal tragen kann.

Gerade beim Thema Klima schaukelt sich die Verzichtsdebatte ins unermessliche. “Die Grünen wollen uns das Fleisch verbieten”, titelte beispielsweise die Bild-Zeitung im Jahr 2013 mitten ins Sommerloch hinein und entfachte dabei eine riesige Veggie-Day-Diskussion. Seitdem köcheln hier und da immer wieder ähnliche Brandherde, das Muster immer das gleiche…

In der Debatte werden Verbote so stilisiert, dass sie einen direkten Angriff auf unsere (individuelle) Freiheit darstellen. Sicherlich eines der wichtigsten Güter überhaupt! Hier besteht meiner Meinung aber auch das größte Missverständnis. Denn ähnlich wie beim Verbot rote Ampeln zu missachten, geht es auch bei den Forderungen für mehr Klimaschutzmaßnahmen nicht darum, irgendjemandem das Schnitzel wegzunehmen, sondern vor allem um eines: Gesundheit, Unversehrtheit und Sicherheit – und zwar für alle.

Zu diesem Kern gelangen wir leider nie, weil wir uns in diesen haarkleinen Debatten verlieren. Das lässt sich auf jedes Thema übertragen, dass eine Verhaltensänderung vorsieht. Das Tempolimit heute. Der Veggieday 2013. Oder die Einführung der Gurtpflicht in den 70ern. Ja, auch da fürchteten Menschen um ihre Freiheit, während gleichzeitig fast 20.000 Verkehrstote pro Jahr zu beklagen waren.

Zwei Hände halten eine Erde mit besorgtem Gesicht. Symbolbild für Klimaschutz.

Warum schaffen wir es nicht auch beim Klima, diesen Konsens herzustellen, wo doch die Bedrohung und die Folgen unserer derzeitigen Lebens- und Wirtschaftsweise von der Wissenschaft so klar kommuniziert werden?

Eine Antwort ist sicherlich, dass es einfacher und bequemer ist, im Bekannten zu verharren. Gleichzeitig ist es aber auch völlig mutlos.

Diese Mutlosigkeit spiegelt sich auch in der Politik wider. Denn auch von oberster Stelle wird das Narrativ reproduziert.

Porträt Olaf Scholz

“Ich bin kein Anhänger der Verzichtserzählung”

“Wir werden dieses Ziel [unseren ökologischen Fußabdruck zu senken] nicht mit Verzicht oder Verboten erreichen”,

wird beispielsweise Bundeskanzler Olaf Scholz in einem Interview der taz zitiert.

Diese Meinung teilen nicht alle. Mehr als die Hälfte der Bevölkerung (55%) spricht sich dafür aus, klimaschädliches Verhalten durch Gesetze zu verbieten. Eine Lösung haben wir heute nicht im Gepäck für euch. Nur etwas Hoffnung, dass wir auf viele kleine Debatten ähnlich fassungslos zurückblicken, wie auf die bei der Einführung der Gurtpflicht in den 70er Jahren.

Person hält eine junge Pflanze schützend in der Hand. Symbolbild für Hoffnung.

Dass uns dafür eigentlich die Zeit fehlt, ist auch klar. Deswegen geben wir mal an euch ab und sind gespannt auf eure Gedanken dazu. Was muss sich ändern, damit wir über diese Verbotsdebatten hinauskommen und wirklich über den Mehrwert von gesellschaftlicher Transformation sprechen können? Und wie können wir alle dazu beitragen?

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