Klima

Katapultiert uns Klimaschutz zurück in die Steinzeit?

By 14 April 2023 April 29th, 2023 No Comments
Katapultiert uns Klimaschutz zurück in die Steinzeit? Illustration einer Person vor dem Feuer in einer Höhle. Auf der Höhle eine Solaranlage.

Katapultiert uns konsequenter Klimaschutz zurück in die Steinzeit? In privaten und politischen Diskussionen wird immer wieder die vermeintliche Unvereinbarkeit von Klimaschutz und Wohlstand hervorgebracht.

Dieses Argument ist falsch – es sei denn, man ist 98 Jahre alt, hat keine Nachkommen und findet den Planeten alles in allem auch nicht besonders schützenswert.
Sind Klimaschutz und Wohlstand unvereinbar? Illustration einer Person vor dem Feuer in einer Höhle. Auf der Höhle eine Solaranlage.

Welchen Wohlstand gibt es ohne Klimaschutz?

Ohne jegliche Klimaschutzmaßnahmen könnte die deutsche Wirtschaft vielleicht noch ein paar wenige Jahre wachsen, bevor sie mittel- und langfristig einbrechen würde1, 2, 3.

Selbst ein kurzfristiges Wirtschaftswachstum bedeutet dabei aber nicht zwingend, dass gleichzeitig auch der gesamtgesellschaftliche Wohlstand wächst.

Klimaschutz und Wohlstand als Puzzleteile, die nicht zusammen passen.

Forschende: BIP allein nicht aussagekräftig

Das bekannteste Messinstrument dafür ist das Bruttoinlandsprodukt (BIP). Es misst die wirtschaftliche Leistung einer Volkswirtschaft, indem es den Wert aller Waren und Dienstleistungen zusammenzählt und die Güter und Dienstleistungen abzieht, die zu deren Herstellung benötigt wurden.

Die Idee: Steigt das BIP, wächst die Volkswirtschaft und damit auch der gesamtgesellschaftliche Wohlstand. Doch an diesem Indikator gibt es Kritik. Sorge- und Pflegearbeit sind darin ebenso wenig enthalten wie ehrenamtliches Engagement. Umweltschädliche Wirtschaftsaktivitäten, die der Gesellschaft und Artenvielfalt schon heute immens schaden, werden dagegen mit eingerechnet.

Können wir ewig weiterwachsen?

Illustration einer Sanduhr, gefüllt mit dem Planeten Erde als Metapher für unendliches Wirtschaftswachstum vss endliche Ressourcen.

Letztlich wird ein unendliches Wirtschaftswachstum schon durch die Tatsache entscheidend gefährdet, dass wir auf einem Planeten mit endlichen Ressourcen leben. Im Jahr 2022 haben wir bereits Ende Juli alle natürlichen Ressourcen verbraucht, die die Erde innerhalb eines Jahres selbstständig regenerieren kann.

Aus diesem Grund fordern Forschende schon lange alternative Wohlstandsindikatoren, die in Ergänzung zur wirtschaftlichen Leistung auch andere Faktoren berücksichtigen.

Wann geht es einer Gesellschaft gut?

Das können neben dem Pro-Kopf-Einkommen auch Faktoren wie die Lebenserwartung, Gesundheit, Bildung, gesellschaftliche Großherzigkeit, soziale Teilhabe oder Umweltqualität sein4, 5. Das Spannende daran: Umfassende Klimaschutzmaßnahmen wirken sich auf fast alle dieser Faktoren positiv aus. Mit einem “Weiter so” wird es dagegen einige Reibungspunkte geben.

“Wenn wir weiterhin am jetzigen Wohlstandsmodell festhalten, das uns billiges Fleisch, Benzin, Flüge und ein Eigenheim am Land verspricht, dann wird das durch den Klimaschutz unter Druck geraten”, wird der Politikwissenschaftler Ulrich Brand im Standard zitiert.

Der Mythos vom freiheitsraubenden Verzicht

Wenn Wörter wie Fleisch, Flüge und Benzin fallen, dann schrillen bei vielen Menschen die Alarmglocken. Müssen wir denn jetzt auf alles verzichten, was Spaß macht? Das Wort Verzicht ist für viele von uns extrem negativ besetzt.

Dahinter steckt jedoch mehr als die aufgeladenen Debatten über Diesel-SUVs, Massentierhaltung und Billigflüge. Es ist ein neoliberalistischer Mythos, dass Verzicht immer etwas Schlechtes ist und uns von Geburt an alles zusteht, was wir haben wollen.

Illustration Verzicht auf Fleisch, Flüge und Benzin

Wir würden auf fettiges Essen verzichten, wenn unser Cholesterinspiegel in lebensgefährliche Höhen schnellt. Wir würden aufhören zu rauchen, wenn wir mit Lungenkrebs diagnostiziert werden würden. Genauso wäre es weitaus angenehmer, einige unserer Gewohnheiten umzustellen, wenn wir dafür das Ausmaß der Klimakrise eingrenzen könnten.

Ganz ohne Verzicht geht es nicht

Illustration Person und Erde Arm in Arm

Ein gezielter kollektiver Verzicht kann dem Begriff Wohlstand eine neue Bedeutung geben, der nicht mehr auf der Ausbeutung von Menschen, Natur und Ressourcen basiert.

Im Klartext heißt das: Ja, wir werden viele Dinge verändern und überdenken müssen, die auch unsere Lebensweise und Privilegien betreffen – wenn sie in ihrem Kern unvereinbar sind mit Klimaschutz und damit einem Leben in Frieden und dem Fortbestand der Zivilisation, wie wir sie kennen.

Diese Transformation eröffnet aber auch die Chance, einen neuen gesellschaftlichen Fokus auf Wohlbefinden, Gesundheit, Zusammenhalt und eine intakte Natur zu legen. Wie auch immer eine solche Gesellschaft aussehen könnte: Wir müssen das Feuer dort nicht neu entdecken. Und zurück in die dunkle Höhle muss auch niemand.

Klimaschutz und Wohlstand als Puzzleteile, die zusammen passen.
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