Klima

Single Action Bias – Wie wir uns beim Klimaschutz selbst betrügen

By 6 Dezember 2023 Februar 8th, 2024 No Comments
Single Action Bias - Warum wir uns beim Klimaschutz selbst betrügen. Illustration einer Person auf einem Fahrrad, die sich selbst einen Stock zwischen die Speichen hält.
Warum wir uns beim Klimaschutz selbst betrügen. Illustration einer Person auf einem Fahrrad, die sich selbst einen Stock zwischen die Speichen hält.

Die Klimakrise ist auch eine Gefühlskrise, auf die jeder Mensch unterschiedlich reagiert. Einige fühlen Schuld und Scham, sie fühlen sich mitverantwortlich für die Zerstörung des Planeten. Andere schieben Verantwortung von sich weg und verdrängen das, was vor der Haustür passiert. Traurige Hitzerekorde, Höchsttemperaturen in den Weltmeeren und nie dagewesene Waldbrände machen es jedoch immer schwieriger, die Augen vor den Folgen der Krise zu verschließen.

Trotzdem bleibt die Verdrängung einer der wichtigsten Abwehrmechanismen, um mit der Bedrohung der Krise klarzukommen. Diese Abwehr hat viele Facetten. Ganz plump ist da die Leugnung der gesamten Krise oder zumindest des Anteils, den der Mensch daran hat. Zudem gibt es einen mit Tatsachen nicht begründbaren Optimismus, dass schon alles nicht so schlimm werden wird. Einen weiteren Aspekt haben wir im letzten Beitrag besprochen: Die Projektion, bei der wir umweltschädliches Verhalten bei anderen anprangern, um vom eigenen Verhalten abzulenken.

Abwehrmechanismen haben natürlich einen Sinn, denn wie der Name schon sagt, schützen sie uns auch und bewahren uns vor einem psychischen Ungleichgewicht. Solch ein psychisches Ungleichgewicht entsteht zum Beispiel, wenn ein Konflikt zwischen unseren Werten und unseren Handlungen besteht. Möglichst lange gesund bleiben wollen und rauchen, für Menschenrechte sein und Fast Fashion konsumieren, keiner Fliege etwas zuleide tun können und gerne Fleisch essen – all das erzeugt in uns eine Unstimmigkeit, die kognitive Dissonanz genannt wird.

Klimawandel ignorieren - Person mit geschlossenen Augen hält sich die Ohren zu (Illustration)

Dieses Ungleichgewicht ist ein sehr unangenehmes Gefühl und die Verdrängung daher nur logisch. Trotz allem ist es eine Form der Selbsttäuschung, die auch an anderer Stelle zu Tage tritt – zum Beispiel dann, wenn wir versuchen verschiedene Handlungen gegeneinander aufzuwiegen, um uns ein reines Gewissen zu verschaffen. Ein Beispiel: Ich kompensiere regelmäßige Fernreisen damit, dass ich ja zuhause den Müll voll gut trenne.

Kognitiven Verzerrung: Single Action Bias

Dieses Verhalten basiert auf einer kognitiven Verzerrung namens „Single Action Bias“. Dabei überzeugt man sich selbst davon, dass eine Handlung, die schädlich für das Klima ist, akzeptabel ist, weil man an anderer Stelle bereits Emissionen reduziert oder klimaschonend lebt. Gerade wenn die Tragweite der einzelnen Handlungen weit auseinanderklaffen entsteht eine Verzerrung der Wahrnehmung, die unser Gewissen beruhigen soll.

Wir wissen, dass vielen von euch gerade das “Niemand ist perfekt”-Argument auf den Lippen liegt. Und da habt ihr absolut recht! Die Rahmenbedingungen unserer Gesellschaft machen ein 100% nachhaltiges Leben quasi unmöglich. Wenn wir jetzt aber zwei Handlungen direkt in Relation zueinander stellen, dann geht damit immer eine Art der Rechtfertigung und Relativierung einher, die wir bewusster wahrnehmen sollten.

Klimaschutz - Niemand ist perfekt

Die Klimakrise und ihre Folgen können mit ihrer Wucht aus Erkenntnissen ein gesamtes Weltbild zerstören und unser Denken und Handeln auf den Kopf stellen. Wenn wir aufhören zu verdrängen, dann kann das Gefühle der Machtlosigkeit oder Angst hervorrufen, uns wütend oder traurig machen. Trotzdem ist es wichtig, dieses Ausmaß zu verstehen und daraus auch Handlungen abzuleiten.

Illustration Person und Erde Arm in Arm

Indem wir uns der Wirklichkeit stellen, können wir nicht nur unser eigenes Verhalten reflektieren, sondern auch kollektiv effektivere Maßnahmen ergreifen. Die Klimakrise ist nicht nur eine Umweltkrise, sondern auch eine Herausforderung für unser Bewusstsein und unsere Gesellschaft. Dazu gehört auch, Mechanismen wie die Single Action Bias zu verstehen und sich nicht der Illusion hinzugeben, dass eine klimafreundliche Handlung alle anderen aufwiegt.

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